Hauptstadt der Kriminalität Hotspot Alex: Hier passieren die meisten Sexualdelikte, doch davon will Senat nichts wissen

FOCUS-Online-Redakteurin Martina Bay

04.06.2021 | 17:19

Die meisten polizeilich registrierten Sexualdelikte passierten im vergangenen Jahr in Berlin im öffentlichen Raum auf dem Alexanderplatz. Das ergab eine Anfrage des Abgeordneten Marcel Luthe von den Freien Wählern. Die Antwort der Berliner CDU ist deutlich. Doch ein Kriminologe sieht das größere Problem ganz woanders. dpa/Christoph Soeder/dpa bild
Zwei Polizeibeamte patrouillieren am Alexanderplatz.

Wenn es um die Sicherheit in Berlin geht, macht sich Marcel Luthe (Freie Wähler) Sorgen. Im Gespräch mit FOCUS Online sagt er: "Die Sicherheit in Berlin ist in den letzten fünf Jahren weiter erodiert."

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Luthe schickte eine parlamentarische Anfrage, worauf es eine umfassende Antwort gab. Besonders an drei Orten Berlins kommt es häufig zu sexuellen Übergriffen. 146 registrierte Taten passierten laut Polizei im vergangenen Jahr auf dem Berlin Alexanderplatz, gefolgt von Wedding Zentrum mit 86 Taten und Tempelhof mit 85 Delikten. Luthe sieht die Berliner Regierung in der Pflicht, er sagt: "Polizeiliche Kernaufgabe ist der Schutz der Bürger vor Straftaten und nicht die Verfolgung irgendwelcher Ordnungswidrigkeiten. Hier setzt rot-rot-grün völlig falsche Prioritäten. Ein Staat, der seine Bürger immer weniger vor Gewalt schützt, schafft sich ab."

Berliner CDU-Fraktion über rot-rot-grüne Regierung: "Die stecken den Kopf in den Sand"

Burkard Dregger, Vorsitzender der Berliner CDU-Fraktion, überraschen solche Zahlen nicht. Gegenüber FOCUS Online sagt er: "Die Zahlen überraschen mich nicht und entsprechend den jährlich veröffentlichten Zahlen in der Polizeilichen Kriminalitätsstatistik Berlin. Die Zahlen sind nicht neu." Auch von ihm kommt Kritik an der Berliner Regierung: "Die CDU-Fraktion setzt sich seit Jahren für die personelle Stärkung der Polizei, mehr Polizeipräsenz wie Fußstreifen und Fahrradstaffel auf den Straßen und Videoaufklärung an den Kriminalitätshotspots ein. SPD, Linke und Grüne haben die CDU-Anträge hierzu abgelehnt und zugleich keine eigenen Initiativen entfaltet. Die stecken den Kopf in den Sand."

Insgesamt konnten im vergangenen Jahr 3121 Tatverdächtige bei den Sexualdelikten ermittelt werden. Körperliche Verletzungen erlitten 610 der 4468 Personen, die als Opfer eines Sexualdelikts festgestellt wurden.

dpa/Jens Kalaene /dpa-Zentralbild/ ZB bild
Blick auf den Alexanderplatz mit der Polizeiwache, Straßenbahn und Weltzeituhr vom Hotel Park Inn.

Die Pressestelle des Bezirksamts Berlin Mitte hält sich knapp und verweist in einer schriftlichen Stellungnahme an die Polizei.

Michael Gassen, Sprecher der Polizei Berlin, teilt gegenüber FOCUS Online schriftlich mit: "Auf dem Berliner Alexanderplatz treffen viele Menschen aufeinander und das nicht nur, weil dort viele Touristen zusammenkommen, sondern auch weil er ein Drehkreuz im öffentlichen Verkehrsnetz ist. Dementsprechend viele Menschen sind dort unterwegs. Insgesamt lässt sich aber festhalten, dass die Zahlen der Sexualdelikte auf dem Berlin Alexanderplatz rückläufig sind. Das Jahr 2020 und deren Statistiken müssen noch einmal unter besonderen Umständen betrachtet werden, da sich im vergangenen Jahr im öffentlichen Raum weniger Menschen aufgehalten haben."

Man darf also gespannt sein, was die Statistiken sagen, wenn das öffentliche Leben nach der Pandemie wieder seinen normalen Gang geht.


focus.de vom 04.06.2021